Was geschah in Magdeburg, wie im Bühnenstück erwähnt ...?

Der 30 jährige Krieg begann 1618. Rund fünf Jahre später begann auch Magdeburg mit der Rüstung, allerdings wurde versucht, die Stadt aus kriegerischen Handlungen herauszuhalten. 1625 trafen erstmals kaiserliche Truppen in Magdeburg ein. 1629 führte der Krieg zu zunehmenden wirtschaftlichen Problemen. Der alte Rat wurde abgesetzt und ein neuer gewählt. Magdeburg wurde durch kaiserliche Truppen belagert, da man sich weigerte, einen Tribut von 150.000 Talern zu zahlen. 1630 trafen mit Magdeburg verbündete schwedische Soldaten ein. Ab März 1631 wurde Magdeburg erneut von kaiserlichen Truppen belagert und am 4. Mai forderte der kaiserliche General Tilly die Kapitulation der Stadt. Der sich anschließende Sturm der Stadt führte zu verheerenden Plünderungen, Brandschatzungen und Vergewaltigungen, die bereits damals im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation unter Todesstrafe verboten waren.

"Das Massakar von Magdeburg"

Die 3 Teile; (man muß den jeweiligen Link leider kopieren. Dauer ca. 43 min / Teil 1 - 3

Der Film von Anne Roerkohl und Hannes Schuler folgt dem Schicksal zweier authentischer Protagonisten: Der zwölfjährige Daniel Friese, Sohn des Stadtschreibers, erlebt mit seiner Familie die Erstürmung seiner Heimatstadt. Auf der anderen Seite Georg Ackermann, 28 Jahre alt, Kapitän im angreifenden Söldnerheer. Er ist im ersten Sturm dabei und erlebt den erbitterten Widerstand der Magdeburger Bürgerschaft.

https://www.youtube.com/watch?v=_tnmYGv0KTU

https://www.youtube.com/watch?v=D_j91E9HuJE&feature=related

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Ab dem 10. Mai 1631 belagerten rund 26.800 kaiserliche Soldaten die Stadt. Da die angekündigten schwedischen Soldaten unter König Gustav Adolf nach der Eroberung von Frankfurt / Oder in desolatem Zustand waren und die Truppen schwer in ihrer Pflicht zu halten waren, lehnte Gustav Adolf es ab, mit unterlegenen Kräften den Vorstoß auf Magdeburg zu wagen. Währenddessen beriet der Magdeburger Rat über die Kapitulation der Stadt. Ein Beschluss wurde aber, auch weil schwedische Abgesandte sich im Rat dagegen aussprachen, nicht gefasst.

Am 20. Mai ab 7.00 Uhr kam es zu ersten schweren Geschützfeuern auf die Alte Stadt und die umliegenden Dörfer. Ab 9.00 Uhr rückten kaiserliche Truppen vor und nahmen die Stadt im Laufe des Tages ein. Angeführt wurden sie von Tilly, vor allem aber Pappenheim. Die Magdeburger Bürger galten als Vogelfrei. Es kam zu einer enormen Anzahl von Raubzügen, Vergewaltigungen und Ermordungen, auch von Kindern und erwachsenen Zivilisten. Die Greueltaten waren so zahlreich und in ihrer Ausführung entsetzlich, dass sich sogar einige Angehörige der kaiserlichen Armee darüber erschraken.

Dann das Pappenheimische Volck / wie auch die Wallonen / so am aller Unchristlichen ärger als Türcken gewütet / keinem leichtlich Quartier gegeben / sondern haben mit nidergehawen / beydes der Weiber und kleinen Kinder / auch schwanger Weiber in Häusern und Kirchen / ingleichen an Geistlichen Personen also tyrranisiret und gewütet / dz auch viel von dem andern Tyllischen Volck selber ein Abschew darvor gehabt.

Reiche Bürger konnten sich gegen Zahlungen bei kaiserlichen Soldaten freikaufen und unter deren Schutz die Stadt verlassen. Die Stadt wurde in Brand gesetzt, was weitere Todesopfer forderte. Beide Seiten beschuldigten sich anschließend gegenseitig, den Brand gelegt zu haben.

Die Kriegshandlungen und Plünderungen zogen sich noch über mehrere Tage hin, bis sie auf Tillys Befehl am 24. Mai eingestellt wurden. Zwischen 2000 und 4000 Menschen fanden Zuflucht im Magdeburger Dom. Für die Soldaten muss der Dom das letzte Tabu gewesen sein. Über die Rettung der Geflüchteten wird folgende Geschichte überliefert, die auch Legende sein könnte: Als Tilly zwei Tage nach der Schlacht den Dom öffnete, fiel der evangelische Domprediger Reinhard Bake vor ihm auf die Knie und trug in lateinischer Sprache einen abgewandelten Vers Vergils über die Zerstörung Trojas vor, worauf Tilly die Bürger verschont hat. „Das ist der Tag des Verderbs und das unabwendbare Schicksal Magedeburgs! Troier waren wir, Ilion war und der Elbestadt strahlender Ruhm!“

In die Thumbkirchen haben sich in tausend Menschen an Weibern Jungfrauen und Kindern doch wenig Bürgern und etlichen Soldaten verirret / und drey ganzer Tag lang ohn essen und trincken darin auffgehalten / denen hat der Graff von Tylli nachmals den 12. May durch 2. Trommelschläger Quartier auffgerufen / ihnen Commißbrodt auftheilen / die Bürger und Mannspersonen absonderlich in den Bischoffs Hof führen / und welche gesund oder vom Lande waren / die Thumbkirch wider zu reinigen unnd zu säubern herauß nehmen lassen. Als auch D. Back und seine Collegen für der Kirchen ihm einen Fußfall gethan / hat er sie neben ire Weibern und Kindern in die Mühlen Vogthey bringen / und ihnen etwas Speiß / doch schlecht genug / geben lassen.

Am Tag nach der Eroberung schrieb der kaiserliche General Pappenheim: „Ich halt, es seyen über zwaintzig Tausent Seelen darüber gegangen. Es ist gewiß, seyd der Zerstörung Jerusalem, kein grewlicher Werck und Straff Gottes gesehen worden. All unser Soldaten seind reich geworden. Gott mit uns.“ Am 25. Mai fand ein katholischer Gottesdienst im Beisein von Tilly im Magdeburger Dom statt.

Papst Urban VIII. verfasste am 24. Juni ein Schreiben, in dem er seine Freude über die „Vernichtung des Ketzernestes“ zum Ausdruck brachte. Anfang 1632 besetzten erneut kaiserliche Truppen die Stadt.

Durch die Kriegshandlungen vom 20. Mai 1631 starben rund 20.000 Magdeburger Bürger. Es gilt als das größte und schlimmste Massaker während des Dreißigjährigen Krieges, über das man in ganz Europa entsetzt war. Es hieß, die Taten und der Schrecken seien in ihrer Entsetzlichkeit „nicht in Worte zu fassen und nicht mit Tränen zu beweinen“. Die meisten der Überlebenden mussten die Stadt verlassen, da ihnen auf Grund der Zerstörungen die Lebensgrundlage genommen war. Seuchen, die in der Folge auftraten, forderten weiteren Tribut. Am 9. Mai 1631 hatte Magdeburg noch rund 35.000 Einwohner, 1639 waren es nur noch 450. Die Stadt, vor dem Krieg eine der bedeutendsten in Deutschland, verlor schlagartig ihren Einfluss und wurde in ihrer Entwicklung um mehrere Jahrhunderte zurückgeworfen. Erst im 19. Jahrhundert erreichte und überschritt Magdeburg wieder die alte Einwohnerzahl.

Nach der Zerstörung Magdeburgs war lange Zeit der Begriff „magdeburgisieren“ als Synonym für „völlig zerstören, auslöschen“ oder als Sinnbild für „größtmöglichen Schrecken“ in die deutsche Sprache eingegangen.

 

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